Die Gummistiefel fliegen im hohen Bogen durch den Flur, während sich der Matsch vom Vortag bis in die letzte Ecke verteilt. Ein Stiefel wurde von der Kleinsten in einer dramatischen Szene in die Ecke gepfeffert. Der andere von mir. Ausgeglichen ist schließlich mein zweiter Vorname!

Bis wir Kinder hatten, war unser Leben eigentlich recht undramatisch. Klar, es gab schon den ein oder anderen filmwürdigen Cliffhanger, thrillerähnliche Geschehnisse und eventuell auch das ein oder andere Drama, aber irgendwie war es doch eher uns selbst vorbehalten eine Szene zu machen und sich in etwas reinzusteigern. Zumindest hatte man das Gefühl, man hätte es selbst in der Hand. Ein bisschen. Die Zeiten sind jetzt vorbei. Sowas von vorbei. Wir bekommen maximal noch einen Gastauftritt im Abspann. 

Wir wissen es ja: The drama is real! Unsere lieben Kleinen machen kein Drama des Drama willens. Sie empfinden es so und nicht selten sind es die einfachsten Dinge, wie “Hunger, Pippi, müde, kalt”, die der Grund dafür sind. Kennen wir ja selbst nur zu gut! Hat mich jemand schonmal hungrig ohne Aussicht auf zeitnahe Nahrungsaufnahme erlebt? Vermutlich nicht, gibt nämlich meist keine Überlebenden!

Nun ist es aber so, dass wir beispielsweise bei einem Familienausflug vier Personen und vier Gemütszustände und diverse unvorhersehbare Gegebenheiten unter einen Hut bekommen müssen. Und da kann man nur hoffen, dass wenigstens der Hund in gewohnt solider Verfassung einfach mitläuft!

Papa ist müde, weil die Nacht schlecht war. Mama ist genervt, weil sie den Rucksack alleine packen musste und Kind 1 ist sauer, weil Mama die falschen Obstriegel eingepackt hat. Kind 2 war ist aktuell zwar bestens gelaunt, war aber der Grund für die schlechte Nacht. Kann also jederzeit kippen… Also bereits beim Start hat jeder einen validen Punkt für ein potenzielles Drama. Es ist ja aber erst der Anfang und man will sich ja nicht direkt reinsteigern. Also atmen, innerlich bis 2426474 zählen und los gehts! So ein entspannter und harmonischer Familienausflug kann ist ja quasi ein Selbstläufer.

Wir wissen ja auch längst, dass sich Bedürfnisorientierung nicht nur auf die Kinder bezieht, sondern auf alle Beteiligten. Immer abwägen, welches Bedürfnis gerade am dringlichsten ist und Frust aushalten. Deshalb besorgt Papa erstmal einen Riesling für Mama und die kümmert sich indessen um das Obstriegel-Gate mit Kind 1. Kind 2 ist derweil eingeschlafen – um 16:13 Uhr! Na Prost!

Nun haben wir schon fast fünf Jahre praktische Erfahrung, angereichert um eine Vielzahl von Podcasts, Fachbüchern und Insta-Erziehungstipps und wir wissen ja eigentlich wie es läuft. Und trotzdem scheitern wir immer wieder an der Praxis. Wissen schützt halt vor Drama nicht.

Während ich den Besen hole und der Kleinen erkläre, dass wir die Gummistiefel heute nicht auf die Wanderung in den Wald anziehen können, fischt sie die Sandalen aus der hintersten Ecke des Schuhschranks. Ok, bereit für Runde 2. Morgen werde ich sämtliche Schuhe ausräumen und nur noch ein wandertaugliches Paar übrig lassen. In Gedanken sehe ich mich sämtliches unpassendes Schuhwerk aus dem Fenster werfen, gefolgt von bösen Flüchen und der Kiste, die seit Tagen im Gang im Weg steht. Aber wir wollen es ja nicht übertreiben. Wir sind ja vernünftig und vor allem erwachsen. Verdammt nochmal!

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